
(v.li.) Philipp Mosmann und Jennifer Klutt (Universität Göttingen / Forschungsverbund i-share), Boris Hillmann (YourCar), Tamara Schiek (SNIC / social-startups.de) und Sergei Bojew (SNIC / Startup Göttingen). Foto: Privat
Göttingen. „Um nachhaltig zu wirtschaften, müssen wir ökonomische und ökologische Ziele miteinander verbinden – die Sharing Economy verspricht, dies zu erreichen“, betonte Jennifer Klutt beim zweiten Social Entrepreneurship Meetup des SüdniedersachsenInnovationsCampus (SNIC), social-startups.de und Startup Göttingen am 22. Januar 2019 im Dots.
Das Prinzip der Sharing Economy ist simpel: Verschiedene Menschen nutzen gemeinsam eine selten gebrauchte Ressource. Auf diese Weise werden Ressourcen geschont und der Gemeinschaftsgedanke gestärkt.
Die Gemeinschaft ist ein fragiles Konstrukt
Im Rahmen des i-share-Forschungsprojekts untersucht Klutt zusammen mit Philipp Mosmann an der Professur für Organisation und Unternehmensentwicklung der Universität Göttingen, wie die Sharing Economy begrifflich und inhaltlich bestimmt werden kann und wie die einzelnen Geschäftsmodelle ausgestaltet sind. Denn bisher gibt es noch keine allgemeingültige Definition für Organisationen, die in die Sharing Economy fallen. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: die Community. Sie ist der Kern jeder Sharing-Economy-Organisation und -Initiative. Damit die Gemeinschaft zusammen hält, müsse es ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Wohlgefühls geben, berichtete Klutt – denn die Teilnahme ist freiwillig. Dass jeder die Gemeinschaft sofort wieder verlassen kann, macht sie zu einem fragilen Konstrukt.
Um ihre Community-Mitglieder wirksam steuern und gleichzeitig den Gemeinschaftssinn schützen zu können, komme es bei Sharing-Economy-Organisationen vor allem auf die Sprache an, hat i-share beobachtet. „Auch im Gemeinschaftsgarten gibt es Beetkontrollen“, sagte Mosmann. Doch Organisationen und Initiativen müssten einen Weg finden, strenge Regeln und Vorschriften „leicht“ zu vermitteln, um die Gemeinschaft „bei Laune zu halten“.Mit dem sogenannten „i-Share-Atlas“, einer Online-Karte, soll nun erstmals eine Übersicht über die deutschen Sharing Economy entstehen. Sharing-Organisationen und Initiativen tragen sich selbstständig darin ein und tragen so zur Forschung bei.
Großer Schritt in Richtung Sharing Economy
Eintragen kann sich dort auch Boris Hillmann mit seinem Göttinger Car-Sharing-Unternehmen YourCar. Zwar gab es bei der Gründung von YourCar bereits zwei weitere Car-Sharing-Anbieter in Göttingen, doch habe man bei diesen eine Kaution hinterlegen und eine Grundgebühr bezahlen müssen. „Das war mir zu aufwendig.“, berichtete Hillmann. Deshalb habe er 2015 nach dreieinhalb Jahren Vorbereitungszeit sein eigenes Unternehmen gegründet, „bei dem es das alles nicht gibt.“ Die einzigen Anforderungen sind ein Führerschein und ein Bezug zu Göttingen. Seit dem Start mit einer Flotte von 32 Autos sind zwei weitere Fahrzeuge und ein Werkzeugverleih, YourTools, hinzugekommen.
„Ein Auto ist ein Stehzeug“, so Hillmann. Denn im Schnitt stehe ein Pkw in Deutschland rund 23 Stunden am Tag unbenutzt herum. Mit Car-Sharing soll eine nachhaltige Nutzung der Ressource Mobilität erreicht werden. „Bei uns fährt man klimaneutral – ob man will oder nicht“, sagte Hillmann. Denn YourCar-Autos fahren mit Erdgas, alle anderen Emissionen werden über Zertifikate substituiert.
Vor kurzem hat Boris Hillmann zusammen mit den anderen beiden Göttinger Car-Sharing-Unternehmen einen Antrag bei der Stadt eingereicht, um Car-Sharing-Autos komplett von Parkgebühren zu befreien. Bisher übernimmt YourCar diese Kosten für seine Nutzer. „Car-Sharing-Autos komplett von der Parkgebühr zu befreien, wäre ein großer Schritt in Richtung Sharing-Economy“, ist Hillmann überzeugt.